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Juli 2010

Schlechtwetter im Nacken…
von Penrhyn nach Suwarrow

 

Unser naechstes Ziel ist  das Suwarrow Atoll weiter im Suedwesten der Cook Islands. 

Wir klarieren aus und machen uns auf den Weg. Die Wettervorhersage ist gut. Um die 10 kn Wind. Wir fuerchten schon, dass wir diesen ganz verlieren und motoren muessen 

Dann kommt alles mal wieder ganz anders. Die Seewettervorhersagen  der letzten Monate sind eh mehr Glueckssache als verlaessliche Groesse. Und so nehmen wir es mit der alten Seebaerenweissheit „Wenn der Hahn kraeht auf dem Mist....aendert sich das Wetter oder es bleibt wie es ist“. Wir erwarten Sonne, haben diese auch fuer die ersten 2 Tage der Ueberfahrt, dazu erfreuliche 20 – 25 Knoten Wind. Nichts zu maulen unsererseits, so far....

Hinter uns am Horizont sehen wir allerdings unheilverkuendene Wolkenbaenke, die uns konstant auf den Fersen bleiben. Und in der letzten Nacht vor unserem Landfall in Suwarrow holen sie uns dann leider ein. Es regnet, es blizt und grummelt, es windet mit 30- 35 Knoten Wind. Unkuschlig, sehr unkuschlig....

02. Juli
Suwarrow Atoll

Bei Ankunft am Pass sind wir dann auch entsprechend unsicher- Reinfahren oder draussen bleiben und weiter in Richtung Niue oder Pango-Pango ist die Frage. 

Dabei ist Suwarrow  ein Ziel, das uns schon seit laengerem begeistert. Nachdem wir den Pass fast hinter uns haben, entschliessen wir uns dennoch zur Umkehr. Die Lagune ist weiss. Der Wind stark um die 40 Knoten und wir koennen uns nicht vorstellen, das der Ankerplatz bei diesem Wetter genuegend Schutz bietet. 
Der Pass ist so breit, das Lop To problemlos wenden kann. Die Stroemung laesst das auch zu und wir machen uns auf den Weg Richtung Pago-Pago. 

Schade denken wir gerade,  als es aus dem UKW plaerrt. Zuvor hatten vergeblich versucht per Funk zur Insel Kontakt zu bekommen. Nun sehen wir zwei Menschen am Strand. Die Care Taker mit Handy UKW. Die Anchoridge sehe nicht „to bad“ aus, wir koennten ruhig ankern hoeren wir.  Also wieder rum mit dem Ruder und Tatsache, ist man einmal auf der anderen Seite der Insel, findet man in der letzten Ecke einen einigermassen sicheren Ankerplatz. Zumindest bei Winden aus oestlicher und nordoestlicher Richtung. Alles andere sollte man tunlichst vermeiden....

Wir sind also angekommen und gluecklich darueber. 
Suwarrow wird kaum jemand kennen, der sich nicht intensiver mit Polynesien auseinander gesetzt hat. 
Oder Segler ist. Segler kennen den Spott, als Ankermoeglichkeit und Treffpunkt der Fahrtenseglerscene auf dem Weg von Polynesien in Richtung Westen. Und das nicht erst seit gestern. 

Von 1952 bis 1977 lebte hier (mit einigen Unterbrechungen) Tom Neale, ein kauziger Neuseelaender. Ueber Jahre war er der einzige Bewohner des Atolls, verzichtete auf jegliche Anbindung zur Aussenwelt und ernaehrte sich von dem was das Atoll hergab. Zudem brachte er Huehner, Gemuesepflanzen etc. aus Rarotonga mit. Und so kam er gut zurecht, bis ihn ein Rueckenleiden erstmalig zur Rueckkehr nach Rarotonga zwang. Damals liess ihn die Regierung der Cook Islands abbergen und war nicht gerade erfreut darueber, das Neale in den kommenden Jahren beharrlich an seinem Leben auf dem Atoll festhielt. Irgendwann gab die Regierung auf, Neale blieb. Nach der Veroeffentlichung seines Buches „An Island on my own“ Anfang der siebziger Jahre, war es mit der Einsamkeit allerdings vorbei. Fahrtensegler, angezogen von der fantastischen Geschichte dieses selbsternannten Robinsons, erkohren Suwarrow aus zum begehrten Zwischenstopp auf ihrem Weg in Richtung Samoa. Tom Neale war nicht immer begeistert  davon. Nur von einem wollte er das er wiederkaeme, von Bernhard Moitessier.    

1977 erkrankt  Neale schwer und verlaesst die Insel um sich in Rarotonga behandeln zu lassen. An der Tuer seiner Huette hintelaesser eine Nachricht, mit der Bitte sein Eigentum zu respektieren und die Insel , seine Gaerten und Tiere zu pflegen. Tom Neaale kehrt nie nach Suwarrow zurueck und stirbt 8 Monate spaeter in Rarotonga an Magenkrebs.

Jahrzehntelang erhielten vorbeikommende Segler dieses kleine Paradies. Sie plegten Haus, Garten und Huehner.

Seit einigen Jahren ist Suwarrow  nun Naturschutzgebiet. Nun sind jeweils fuer die Zeit der Segelsaison 2 Ranger auf der Insel, um nach dem Rechten zu sehen und die vorbeikommenden Schiffe zu verwalten. Damit haben sie derzeit nicht viel zu tun, wir sind das einzige Schiff am Ankerplatz.

Wir sind gespannt, was  aus der Zeit Tom Neales noch auf Anchoridge Island, „seinem“ Motu vorhanden ist und gehen an Land. Apii und James, die beiden Ranger begruessen uns herzlich. Anmelden muessen wir uns. 50 Dollar zahlen fuer unseren Aufenthalt. Wir bringen Kaffee und Zucker als Geschenk und werden gleich zum selbigen eingeladen. 

Die beiden leben in einem cyclonsicherern Neubau. Oben Schlafraum, unten Aufenthaltsraum mit Fahnendeko. Jede Yacht die hier vorbeikommt, laesst ein Souvenir da. So koennen wir dann auch feststellen, das norwegische Fahnen  deutlich frueher auseinanderfallen als Franzoesische. Viel Schwarz Rot Gold ist ebenfalls zu sehen und viele Namen von Schiffen die wir kennen. Auch im Geastebuch finden wir Bekannte: die „Loh“, die „Galathea“, die Seenomaden etc. ...

 

Und wenn man das Atoll sieht, weis man auch warum. Traumhaft schoen ist es hier. Und die Athmosphaere auch heute noch besonders. Und Stress gibt s auch nicht. Einzig knifflige Entscheidung  pro Tag: Spaziergang rechts herum oder links herum.....

   

Auch aus der Zeit von Tom Neale ist noch einiges zu sehen. 
Sein Haus steht noch, allerdings in fragwuerdigem Zustand. Leider haben hier die Termiten hier ueber die Jahre  volle Arbeit geleistet. 
Aber immerhin gibt es ein gut sortiertes Buecherregal mit Tauschbuechern. Die Gaerten liegen derzeit brach, Apii und James, haben Plaene sie wieder aufleben zu lassen. Man wird sehen.....
Huehner gibt es leider keine mehr, das letzte Huhn soll vor ca. zwei Jahren gesichtet worden sein und ist dann sicherlich einem Cyclon zum Opfer gefallen oder einfach an Altersschwaeche gestorben. Dafuer gibt es Moon, eine Katze, die hier von einem vorbeikommenden Boot ausgesetzt worden sein muss.....Wer macht sowas fragen wir uns??

Apii und James , die Ranger, kommen beide aus Rarotonga. Sie haben sich um den Traumjob “Ranger auf einsamer Insel“ beworben und mussten einige Konkurrenten ausstechen, um hierher zu kommen. Ein Zweijahresvertrag  ueber jeweils sechs Monate pro Jahr  haben sie nun in der Tasche. Bezahlt und ohne Laden in der Naehe um Geld auszugeben. Erstaunt hoeren wir, das sie sich vorher nicht kannten und nun hier zusammen klar kommen muessen. Was ganz gut zu gehen scheint. Apii ist eher der „Naturbursche“, kuemmert sich ums Fischen und um die Gaerten. James macht Verwaltung und Hausarbeit. Und schreibt die taeglichen Berichte.... Papierkrieg wie in jedem guten Amt der Erde.... 

Die beiden sind erst vor knapp vier Wochen eingetroffen, vieles muss noch organiesiert werden. Die Plaene sind gross und wir hoffen, das beide den Elan behalten, einiges davon auch umzusetzen.  Dieses Paradies im tropischem Klima zu erhalten macht jede Menge arbeit.  Wir wollen etwas dazu beitragen und in guter alter Yachtytradition das Andenken an Tom Neale pflegen. Helmut und James schrubben der Erinnerungsstein sauber, Kerstin bemalt ihn neu und stolz stehen wir am Abend mit Sundowner um in herum. Die Arbeit hat sich gelohnt. 

 Zusammen mit Cathy von der franzoesischen „Heavenly“  raeumen wir die „Buecherei“ aus, putzen den Staub der letzten Jahre weg und sortieren Buecher, Spinnen, Kaefer und Kakerlaken. Lecker was einem dabei so ueber die nackten Fuesse huscht...
Zum Schluss ueberkommt mich noch ein Anfall von „gruenem Daumen“. Ich stuerze mich in Gartenarbeit und klare den Weg vom Strand zum Haus auf. Unkrautjaehten, Blaetter  sammeln, Weg haken.... sieht toll aus. Fuer immerhin erfolgreiche fuenf Minuten. Tropisches Klima vereinbart sich nun mal nicht mit deutschen Gaertnerehrgeiz muss ich lernen und am kommenden Morgen zaehnekrisrschend zur Kenntniss nehmen, das bereits alles wieder so  aussieht wie vorgestern...

Am Tag zwei unseres Aufenthaltes versenkt Apii versehentlich seine Harpune. Tauchen hilft nichts, das Ding ist weg. Und wird leider dringend gebraucht. Apii und James sind, wie einst Tom Neale, Selbstversorger und ohne Harpune wird es brenzlig. Um so gluecklicher ist Apii, als ihm Helmut seine zweite Harpune schenkt. Hat er ohnehin selten benutzt und hier kommt sie nun endlich richtig zum Einsatz. Apii ist begeistert und versorgt uns in den kommenden Wochen fast taeglich mit frischem Fisch. Was nicht nur uns, sondern auch Horst freut. Horst ist unser Neuzugang. Unser hiesiger Bordfisch. Ein Schwarzspitzenhai, der immer seine Runden um LOP TO dreht und guckt, ob es was zu ergattern gibt. Ab und an erscheint er auch mit Freunden. Dann umkreisen auch schon mal elf Exemplare LOP TO. Wir nennen sie das „dreckige Dutzend“ und verzichten aufs Schwimmen. Bis zu dem Abend als Helmut einen Rest Fisch ueber Bord wirft und eine Gruppe kleiner blauer Trompetenfische sich die Fischstuecke schnappt. Horst schwimmt hilflos in zweiter Reihe und muss hungrig ins Bett. OK denken wir, wir koennen wieder schwimmen gehen. Der ist zu Doof um uns anzuknabbern. Da die blauen Trompetenfische nun aber  ihrerseits das Schiff umschwimmen, verzichten wir dann doch. Vor denen haben wir nach der Show irgendwie maechtig Respekt...

Uns gefaellt Suwarrow so gut, das wir unsere Abfahrt immer wieder hinaus schieben. Das Wetter sieht auch nicht schlecht aus. Leider stimmt die Vorhersage immer noch nicht und an Tag 13 unseres Aufenthaltes dreht in der Nacht der Wind langsam ueber Nordost, Nord, West....und das mit Schmackes. 5 Meilen offene Lagune liegen nun direkt vor uns und der Seegang zerrt am Anker und an unseren Nerven. Etwas beklommen sitzen wir um Mitternacht im Cockpit und harren der Dinge, die da kommen. Dann ploetzlich ein Zeng-Krawumm. Die Ankerleine ist durch, die Kette rauscht einige Gleieder ins nichts und der Anker sitzt erfreulicherweise noch. Zwei Minuten spater das gleiche Geraeusch von der Panika schraeg hinter uns. Und so entpuppt sich die Nacht als ware Materialschlacht. Wir buessen mehrere Schaekel und Leinen ein. Ein 150 $ Block fliegt uns um die Ohren, wir haben einige graue Haare mehr....aber am Ende haelt  alles. Gegen Morgen dreht der Wind von Suedost auf Ost. Wir liegen wieder im Windschatten von Anchoridge Island als waere nichts gewesen. Und der hiesige Yachtausruester hat sogar noch einen Block fuer uns, den wir dringend brauchen. Bei einem Spaziergang am Strand entdecken wir einen Block, der als Kinderspielzeug eine Seilbahn haelt. Der waere genau richtig, um unseren alten zu ersetzen. Leider ist das Strandexemplar etwas kaputt – aber nicht kaputt genug fuer den Skipper. Der schraubt, feilt und saegt und baut aus einem alten Ankerball und den Ueberresten einen neuen Block. Sieht aus wie neu – wir haengen einen kleineren Block an die Seilbahn (O-Ton Skipper: Zum Kinderaufhaengen reicht der auch!) und sind zufrieden.

Mit Apii geht es dann noch zum Fischen und Schnorcheln auf die andere Lagunenseite. Ein schoener Ausflug, der uns zwar kein Fischglueck bringt, dafuer ein Picknick am Strand.

 

Nach einigen Tagen ist unsere Einsamkeit vorbei. Es liegen inzwischen noch drei weitere Boote in der Lagune.  
Unsere Freunde von der Panika, Christina und Andrew, die schottische „Rhiann Marie“ mit Steward und Trish und „Heavenly“ mit Cathy, Fredo, sowie ihren Kindern Mary (nebst Freund Jonathan) und Manou.  

Und so wird es lustig auf Suwarrow. Apii fischt und sammelt zusammen mit Jonathan und Stewart Kokoskrabben fuer die abendliche Grillparty. Die wird dann auch ein voller Erfolg. Es wird gegessen, gekloent und gesungen bis spaet in die Nacht....und kein Nachbar hat sich beschwert. Solchermassen ermutigt wiederholen wir die Party gleich noch zweimal...schoen!

Chor aus drei Nationen, Schotte Stewart, Franzose Fredo und Kerstin. 
Motiviert, Stimmgewaltig....aber, wie sagte James so schoen:"es waere noch schoener gewesen wenn sie alle das selbe Lied gesungen haetten..."

 


Bevor der Kokoskrabbenbestand akut gefaehrdet wird, loest sich die lustige Runde wieder auf.  Rhiann Marie segelt nach Niue, Heavenly nach Apia und Panika und Lop To nach Pago-Pago.

James und Apii bleiben. Und so wuenschen wir den beiden weitere schoene Monate auf ihrem einsamen Atoll. Wir hoffen, das es den beiden gelingt dieses fragile Paradies zu erhalten. Viel Arbeit ist das, fuer wenig Lohn und edliche Entbehrungen. Aber auch bezahlt mit einer unvergesslichen Zeit auf einer unbewohnten Suedseeinsel. Wer kann in unserer Zeit schon so etwas einmaliges erleben.

Auch wir, die wir doch nur einige Wochen hier verbracht haben fuehlen uns mal wieder  sehr gluecklich, so etwas erleben zu duerfen.

 

Paradise found!